Befangenheitsgründe (§ 49)
Die folgenden Befangenheitsgründe sind absoluter Natur, dh. bei deren Vorliegen haben sich der Bürgermeister und die weiteren Mitglieder des Gemeinderates sowohl von der Beratung als auch von der Beschlussfassung über einen Verhandlungsgegenstand selbsttätig zu enthalten:

  • an denen sie selbst oder folgende Personen beteiligt sind (s. Graphik):
    • der andere Eheteil,ein Verwandter oder Verschwägerter in auf- oder absteigender Linie,
    • ein Geschwisterkind oder
    • eine Person, die noch näher verwandt oder im gleichen Grad verschwägert ist,
    • ihre Wahl- oder Pflegeeltern,
    • ihre Wahl- oder Pflegekinder,
    • ihre Mündel oder
    • ihre Pflegebefohlenen;

  • in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind;

  • im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheids in unterer Instanz mitgewirkt haben.

"Mitwirkung an der Erlassung eines Bescheides" bedeutet eine unmittelbare Teilnahme an der Erzeugung dieses Aktes; d.h. wenn das betreffende Organ an der Ermittlung des Sachverhaltes und der Ausarbeitung des Bescheides unmittelbar mitgewirkt oder den Bescheid unterschrieben hat. Wurde auf die Bescheiderlassung durch ein Organ der Berufungsbehörde im Wege der Weisung eingewirkt, dann liegt dennoch keine Befangenheit vor. Erteilt z.B. der Gemeinderat eine Weisung an den Bürgermeister, eine Angelegenheit in einem bestimmten Sinne zu erledigen, dann kann keine Befangenheit der Mitglieder des Gemeinderates bei der Entscheidung über eine Berufung gegeben sein.
Befangenheit liegt vor, wenn der Bürgermeister im Rahmen des Berufungsverfahrens über einen Bescheid, den er selbst erlassen hat, mitwirkt. Allerdings ist der Bescheid deswegen nicht schon nichtig. Die Mitwirkung des befangenen Organes würde aber einen wesentlichen Verfahrensmangel begründen, wenn der Gemeinderat bei Abwesenheit des befangenen Organs nicht beschlussfähig gewesen wäre und wenn ohne seine Stimme die für die Beschlussfassung erforderliche Stimmenmehrheit nicht zustande gekommen wäre.
Die trotz Befangenheit erfolgte Teilnahme am Berufungsverfahren ist zwar rechtsgültig, begründet aber eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens, die im Verwaltungsverfahren vor der Aufsichtsbehörde und im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bedeutsam sein kann.


Verwandtschaft ist allgemein das Verhältnis zwischen den Stammeltern und allen ihren Nachkommen sowie das Verhältnis dieser Nachkommen zueinander. Die Grade der Verwandtschaft zwischen zwei Personen sind nach der Zahl der Zeugungen, mittels welcher in der geraden Linie eine derselben von der andern, und in der Seitenlinie beide von ihrem nächsten gemeinschaftlichen Stamme abhängen, zu bestimmen. In welcher Linie und in welchem Grade jemand mit dem einen Ehegatten verwandt ist, in eben der Linie und in eben dem Grade ist er mit dem andern Ehegatten verschwägert.
Personen, die nur die gemeinsame Abstammung von einem Dritten miteinander verbindet, sind in der Seitenlinie verwandt.
Demnach sind nur folgende Verwandte befangen:
• in aufsteigender Linie: Vater/Mutter, Großvater/Großmutter usw.
• in absteigender Linie: Kinder, Enkelkinder usw.

Die Nähe (der Grad) der Verwandtschaft spielt keine Rolle.

Schwägerschaft ist das Verhältnis zwischen dem einen Ehegatten und den Verwandten des anderen Ehegatten (die Ehegatten sind miteinander nicht verwandt).
Demnach sind befangen:
• in aufsteigender Linie: die Eltern, Großeltern usw. des anderen Ehegatten;
• in absteigender Linie: Kinder, Enkelkinder usw. der Geschwister des anderen Ehegatten
• die Geschwister des anderen Ehegatten

Unter Geschwisterkind (Cousins 1. Grades) versteht man die Kinder von Geschwistern.

Personen, die noch näher verwandt sind, sind Bruder und Schwester sowie Onkel und Tante des Verwaltungsorganes.

Personen, die im gleichen Grade verschwägert sind, sind Bruder und Schwester, Onkel und Tante sowie die Geschwisterkinder des Ehepartners des Verwaltungsorganes.

Im Falle einer geschiedenen Ehe ist zu prüfen, ob wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen.

Wahlelternschaft entsteht durch Adoption (Vertrag zwischen den Wahleltern und Wahlkindern).

Pflegeeltern sind Personen, die die Sorge um die Bedürfnisse eines Minderjährigen (des Pflegekindes), der mit dieser Person nicht verwandt oder verschwägert ist, übernehmen.

Mündel sind Personen, für die ein Vormund bestellt ist.

Pflegebefohlene sind unter Sachwalterschaft stehende Personen. Der Umfang der Vertretungsbefugnis des Sachwalters richtet sich nach dem Geschäftskreis, der dem Sachwalter übertragen worden ist.


Sonstige Befangenheitsgründe
Die Befangenheit ist darüberhinaus auch dann gegeben, wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen. Es ist also im Einzelfall zu prüfen, ob irgend ein anderer Grund vorliegt, der Zweifel an der vollen Unbefangenheit erweckt ( z.B. bei einer Lebensgefährtin).

Die vorbereitende Funktion in einem Ausschuss bewirkt keine Befangenheit für die Stimmabgabe im Gemeinderat.