Beschlussfassung über den Voranschlag (§ 68)


Die einzelnen Verfahrensschritte
Die Erstellung des Voranschlags sieht folgende Verfahrensschritte vor:

  • die zeitgerechte Erstellung des Voranschlagsentwurfs durch den Bürgermeister;
  • Anhörung des Gemeindevorstandes zum Entwurf des Voranschlags;
  • Auflegung des Voranschlagsentwurfes zur öffentlichen Einsicht;
  • Kundmachung der Auflage in ortsüblicher Weise zur öffentlichen Einsicht;
  • Zusendung einer Ausfertigung des Voranschlagsentwurfs an jede Gemeinderatspartei,
  • Beschlussfassung über den Voranschlagsentwurf
  • Vorlage des Voranschlags an die Aufsichtsbehörde.

Anhörung des Gemeindevorstands
Die Anhörung des Gemeindevorstands ist ein rechtserheblicher Teil des Verfahrens zur Erstellung des Voranschlages, bei dessen Verletzung der Voranschlag mit Rechtswidrigkeit behaftet ist. Gleichwohl besteht keine Verpflichtung des Gemeinderats, allfälligen Einwendungen des Gemeindevorstands Rechnung zu tragen.
Grundlage des der Beschlussfassung des Gemeinderates zugeleiteten Voranschlagsentwurfes ist jener, zu dem der Gemeindevorstand gehört und der auch zur öffentlichen Einsicht aufgelegt worden ist. Zwischenzeitliche Änderungen (vor der Beschlussfassung) haben zur Folge, dass der Voranschlagsentwurf neuerlich dem Anhörungsrecht des Gemeindevorstands unterliegt und dieser noch einmal zur öffentlichen Einsicht aufzulegen und diese Auflegung auch wieder kundzumachen ist.


Einwendungen der Gemeindebürger gegen den Voranschlagsentwurf
J
edem wahlberechtigten Gemeindemitglied steht es frei, zum Voranschlagsentwurf innerhalb der Auflagefrist - sie beträgt zwei Wochen - beim Gemeindeamt schriftliche Einwendungen einzubringen. Eingebrachte Einwendungen sind dem Voranschlagsentwurf beizuschließen und bei den Beratungen des Gemeinderats über den Voranschlag auch in Erwägung zu ziehen. Allerdings kann daraus, dass Einwendungen inhaltlich nicht berücksichtigt werden, keine Rechtswidrigkeit abgeleitet werden, weil es sich um kein im Zuge eines Verwaltungsverfahrens gewährleistetes subjektives Recht des Gemeindebürgers handelt.


Gemeinderatspartei hat Recht auf Zusendung des Voranschlagsentwurfes
Jeder Gemeinderatspartei ist binnen drei Tagen nach Beginn der Auflagefrist eine Ausfertigung des Voranschlagsentwurfs kostenlos zuzusenden.


Gleichzeitig mit dem Voranschlag gesondert zu fassende Beschlüsse
Bei der Beratung und Beschlussfassung über den Voranschlag hat der Gemeinderat gleichzeitig zu beschließen:

  • die Abgaben, insbesondere die festzusetzenden Abgabensätze und die Entgelte für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und -anlagen;
    - bei bereits in den Gemeinden bestehenden Abgaben bedarf es lediglich eines Beschlusses des Gemeinderats, wenn Änderungen gegenüber dem vorangegangenen Haushaltsjahr beabsichtigt oder erforderlich sind;
  • die Höhe der erforderlichen Kassenkredite (§ 74);
  • den Gesamtbetrag der aufzunhemenden Darlehen (§ 72),
  • den Stellenplan,
  • den mittelfristigen Finanzplan (§ 66a)

Die Anordnung, „gleichzeitig“ mit dem Voranschlag über die genannten Angelegenheiten Beschluss zu fassen, bringt den für die Haushaltsführung der Gemeinde relevanten finanziellen Zusammenhang zum Ausdruck, wonach der Gemeindehaushalt nach dem Voranschlag zu führen ist, wenngleich zu beachten ist, dass der Voranschlag nur auf der Ausgabenseite Bindungswirkungen entfaltet und den Gemeindeorganen damit noch keine Ermächtigung zur Einnahmenerhebung erteilt wird, sondern solche zu schaffen gleichsam „gemahnt“.


Die gesondert zu fassenden Beschlüsse sind nicht Teil des Voranschlages und es sind daher auch die für den Voranschlag sonst geltenden Bestimmungen, wie die Pflicht zur öffentlichen Auflage und das Recht der Gemeindemitglieder, gegen den Voranschlag Einwendungen zu erheben, nicht anzuwenden.


Bei der Behandlung des Gemeindevoranschlages darf die Öffentlichkeit nicht ausgeschlossen werden (§ 44 Abs. 1).


„Abgaben“ im Sinne der Finanzverfassung sind alle einmaligen oder laufenden Geldleistungen, die kraft öffentlichen Rechts aufgrund einer generellen Norm zwecks Erzielung von Einnahmen der Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden) zur Bestreitung des Aufwandes im öffentlichen Interesse allen auferlegt werden. Sie umfassen auch die Gebühren und die Interessentenbeiträge.


Unter „Gebühren" versteht man im allgemeinen Äquivalente für spezielle Verwaltungsdienste; für sie gilt das Gebot der "Verhältnismäßigkeit" ihrer Höhe. Sie muss in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung stehen, die ihr gegenübersteht.

„Entgelte“ sind Geldleistungen, die sich aus einer privatrechtlichen Grundlage ableiten.

Der Unterschied zwischen einer Gebühr und einem Entgelt besteht zunächst in der Rechtsgrundlage. Ist diese eine privatrechtliche, handelt es sich um ein Entgelt; ist sie eine öffentlich-rechtliche, so handelt es sich um eine Gebühr oder um einen Beitrag.

„Interessentenbeiträge" sind einmalige Beitragsleistungen zum finanziellen Aufwand, der den Gemeinden aus der Errichtung oder Erweiterung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen entsteht.

Die Gemeinde ist in ihrer Wahl, ob sie für eine Tätigkeit die hoheitliche oder privatwirtschaftliche Rechtsform vorzieht, nicht frei, sondern nur dann, wenn das Gesetz bestimmte Tätigkeiten nicht der Hoheitsverwaltung vorbehält; andererseits ist ein hoheitliches Vorgehen aber nur zulässig, wenn das Gesetz die Befugnis zu einem solchen Vorgehen deutlich erkennbar eingeräumt hat.


Unter „bestehenden Abgaben“ sind jene Abgaben zu verstehen, die auf Grund eines im Vorjahr (oder in den Vorjahren) gefassten Beschlusses des Gemeinderates ausgeschrieben worden sind (Abgaben, hoheitlich festgesetzte Benützungsgebühren). Zu ihnen zählen daher nicht die zivilrechtlichen Entgelte; somit sind solche Entgelte von der Regelung, wonach es nur bei „beabsichtigten“ oder „erforderlichen Änderungen“ gegenüber dem vorangegangenen Haushaltsjahr eines gesonderten Beschlusses des Gemeinderates bedarf, ausgenommen.
Da die zivilrechtlichen Entgelte nicht durch Rechtsvordnungen ihre Wirksamkeit erlangen, sondern durch blossen Gemeinderatsbeschluss, bedürfen sie auch nicht der Vorlage an die Aufsichtsbehörde; der Gemeinderat wird allerdings weiterhin über diese (zivilrechtlichen) Entgelte jährlich eine Beschlussfassung herbeizuführen haben (weil nach dem Gesetzeswortlaut die Entgelte bei der Beratung und Beschlussfassung über den Voranschlag „gleichzeitig zu beschliessen“ sind).


„Kassenkredite" sind kurzfristige Darlehen, die zur rechtzeitigen Leistung von ordentlichen Ausgaben dienen und innerhalb des Haushaltsjahres zurückzuzahlen sind. Der Beschlussfassung unterliegt nur die „Höhe“ der Kassenkredite; sie dürfen ein Sechstel der veranschlagten Einnahmen des ordentlichen Haushaltes nicht überschreiten (§ 74). Die Aufnahme solch kurzfristiger Darlehen bedarf jeweils eines gesonderten Gemeinderatsbeschlusses; eine Genehmigung der Aufsichtsbehörde ist nicht erforderlich. Kassenkredite sind in Sammelnachweisen evident zu halten.


Darlehen sind mit ihrem Gesamtbetrag zu beschliessen; deren jeweilige Aufnahme bedarf noch eines gesonderten Gemeinderatsbeschlusses (s. § 72). Die Aufnahme von Darlehen bedarf der Genehmigung der Landesregierung.


Der Stellenplan enthält die Ermächtigung, bestimmte Dienstposten (Stellen) zu besetzen bzw. besetzt zu halten. Die Anzahl der Dienstposten im Stellenplan muss im Hinblick auf die Dienstrechtsvorschriften spezialisiert festgesetzt werden, wobei auf die Merkmale Bedacht zu nehmen ist, die nach den Dienstrechtsvorschriften den Dienstposten, der besetzt werden soll, charakterisieren.

Der Gemeinderat hat einen besonderen Stellenplan für Gemeindebedienstete zu erstellen; in diesem ist unter Bedachtnahme auf den Umfang der Gemeindegeschäfte und die Zahl der Gemeindebediensteten die Zahl der erforderlichen Gemeindebedienstete und deren dienstrechtliche Stellung festzusetzen; hiebei ist mindestens ein Dienstposten für einen Leiter des Gemeindeamtes vorzusehen. Jede freie Stelle eines Gemeindebediensteten ist ohne Verzug, spätestens jedoch binnen drei Monaten zu besetzen. Der besondere Stellenplan für Gemeindebeamte bedarf im Hinblick auf den Aufwandersatz des Landes der Genehmigung der Landesregierung.


Grundsätze über die Haushaltskoordinierung
Bei der Beschlussfassung des Voranschlags sind die Grundsätze über die Haushaltskoordinierung, die das nach Art. 6 der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über eine Weiterführung der stabilitätsorientierten Budgetpolitik (Österreichischer Stabilitätspakt), LGBl. Nr. 72/2011, eingerichtete] Koordinationskomitee des Landes festlegt, einzuhalten.

Die vom Koordninationskomitee des Landes festgelegten Grundsätze über die Haushaltskoordinierung bilden ein weiteres Kriterium als Maßstab der Rechtmäßigkeitskontrolle bei der Voranschlagsprüfung. Im Unterschied zu den bereits geltenden Prüfungsmaßstäben, die sich nicht in erster Linie am Haushaltsergebnis der Gesamtheit der burgenländischen Gemeinden orientieren, dient diese Bestimmung ausschließlich der Einhaltung des gesamtstaatlichen Zieles einer koordinierten Haushaltsplanung, die mittelfristig einen nahezu ausgeglichenen Haushalt oder einen Überschuß vorsieht. Das Koordinationskomitee des Landes hat unter anderem die Grundsätze und Eckdaten für die Erstellung der Voranschläge des nächsten Jahres unter Berücksichtigung der gesamtstaatlichen Haushaltsziele festzulegen.


Vorlage des Voranschlages an die Aufsichtsbehörde
Nach Beschlussfassung hat der Bürgermeister den Voranschlag und den mittelfristigen Finanzplan unverzüglich der Aufsichtsbehörde vorzulegen. Er hat den Voransclag (oder dessen Entwurf ) und den mittelfristigen Finanzplan (oder dessen Entwurf) der Aufsichtsbehörde im Wege der Datenfernverarbeitung vorzulegen - auf deren Verlangen auch in schriftlicher Form .


Kundmachung des Voranschlages?
Im Hinblick darauf, dass der Voranschlag bloss eine Verwaltungsverordnung ist, bedarf dieser keiner Kundmachung; hingegen bedürfen die Abgabenverordnungen (Rechtsverordnungen) einer solchen Kundmachung.


Nicht rechtzeitige Beschlussfassung des Voranschlages
Sofern der Voranschlag nicht rechtzeitig beschlossen werden kann, hat der Bürgermeister bis spätestens 31. Jänner des Haushaltsjahres den Entwurf des Voranschlags und des mittelfristigen Finanzplans im Wege der Datenfernverarbeitung der Aufsichtsbehörde vorzulegen.
Über Verlangen der Aufsichtsbehörde sind dieser zwei Ausfertigungen des Voranschlagsentwurfs und des mittelfristigen Finanzplans auch in schriftlicher Form vorzulegen.

Die Verpflichtung des Bürgermeisters zur Vorlage des Entwurfes des Voranschlages an die Aufsichtsbehörde für den Fall, dass der Voranschlag nicht rechtzeitig beschlossen werden konnte, resultiert aus der Verpflichtung des Koordinationskomitees des Landes und der Gemeindeaufsichtsbehörde, allenfalls lenkend eingreifen zu können, wenn ein übermäßiges Defizit der Gesamtheit der burgenländischen Gemeinden in einem Haushaltsjahr droht.
Die Festlegung der Vorlagefrist ergibt sich auch aus der Verpflichtung der Gemeindeaufsichtsbehörde, ihrerseits die Daten der Gemeinden an das Österreichische Statistische Zentralamt weiterzuleiten, die es dem gesamtösterreichischen Koordinationskomitee ermöglichen, seinerseits die Einhaltung der gesamtstaatlichen Ziele zu überwachen.


Prüfung des Voranschlages durch die Aufsichtsbehörde (§ 90)
Der Voranschlag unterliegt der Kontrolle der Aufsichtsbehörde auf seine Gesetzmäßigkeit. Demnach hat die Aufsichtsbehörde Beschlüsse, die Gesetze und Verordnungen verletzen, aufzuheben. Massstab der Gesetzmäßigkeitsprüfung sind auch die Kriterien „Sparsamkeit“, „Wirtschaftlichkeit“ und „Zweckmäßigkeit; damit wird das Rechtsgut „Wahrung der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Gebarung“ gleichgestellt mit dem Rechtsgut „Wahrung der Gesetzmäßigkeit“.
Im Übrigen ist trotz der mit dem Begriff „Gebarung der Gemeinde“ üblicherweise verbundenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise des Handelns der Gemeinde zu bedenken, dass die grobe Außerachtlassung einer sparsamen und wirtschaftlichen Gebarung der Gemeinde schlussendlich eine Gemeinde an der ordnungsgemäßen Erfüllung der ihr gesetzmäßig obliegenden Aufgaben hindert, und damit dieses Handeln eine Rechtsqualität erlangt, die das Selbstverwaltungsrecht in ihrem Kern trifft.