Durchführung des Voranschlags (§ 71)
Das Anordnungsrecht, also das Recht zur Verfügung über die veranschlagten Beträge übt der Bürgermeister aus. Voraussetzung ist allerdings, dass ein entsprechender Rechtstitel gegeben ist.

Die Bindung des anordnungsbefugten Organs an den Voranschlag ( Voranschlagsprovisorium, Nachtragsvoranschlag) bezieht sich auch auf jene Voranschlagsansätze, die durch das „automatische Provisorium“ (§ 69 Abs. 2 und 3) eröffnet werden.


Grundsätze für die Durchführung des Voranschlags
Das Recht, über einen veranschlagten Betrag zu verfügen, findet seine Schranken in den bei der Führung des Gemeindehaushaltes zu beachtenden Grundsätzen in folgender Hinsicht:

  • die bewilligten Voranschlagsmittel dürfen der Höhe nach nur insoweit in Anspruch genommen werden, als es bei einer wirtschaftlichen, sparsamen und zweckmäßigen Verwaltung erforderlich ist;
  • Voranschlagsmittel, die bis zum Ablauf des Rechnungsjahres nicht „verbraucht“ worden sind, können nur dann in Anspruch genommen werden,
    • wenn ein Voranschlagsvermerk dies für zulässig erklärt.
      Es kann nämlich bei veranschlagten Beträgen, zwischen denen ein sachlicher und verwaltungsmäßiger Zusammenhang besteht, zur besseren wirtschaftlichen Verwendung der Mittel bestimmt werden, dass Einsparungen bei einem Ansatz ohne besondere Beschlussfassung zum Ausgleich des Mehrerfordernisses bei einem anderen Ansatz herangezogen werden dürfen (einseitige oder gegenseitige Deckungsfähigkeit);
    • wenn der Gemeinderat einer Zweckänderung der veranschlagten Aufwendunegn und Auszahlungen vorher zugestimmt hat (§ 70 Abs. 1).
  • Die bewilligten Voranschlagsmittel dürfen zeitlich nicht früher in Anspruch genommen werden, als es bei einer wirtschaftlichen, sparsamen und zweckmäßigen Verwaltung erforderlich ist.

    Übertragung des Anordnungsrechtes
    Der Bürgermeister kann unter seiner Verantwortung einem Mitglied des Gemeindevorstands, dem Ortsvorsteher oder einem Bediensteten ein bestimmtes Anordnungsrecht übertragen. Die Übertragung des Anordnungsrechtes muss schriftlich und für genau festzulegende Fälle erfolgen, damit das Organ, das die Zahlungsanweisung zu befolgen hat, das übertragene Anordnungsrecht zuverlässig nachvollziehen kann .

    Zahlungen, die den Bürgermeister betreffen, hat der Vizebürgermeister anzuordnen. Dazu sind auch jene zu zählen, bei deren Vollzug der Bürgermeister im Sinne des § 49 befangen ist.


    Ausnahmen von der Übertragung des Anordnungsrechtes
    Anordnungsrechte dürfen nicht übertragen werden an:

    • Personen, die bei der Führung der Kassen- oder Rechnungsgeschäfte der Gemeinde mitwirken,
    • Personen, die bei Gebarungsüberprüfungen mitwirken,
    • Personen, die die Gemeindekasse führen,
    • Personen, die Zahlungen leisten oder entgegennehmen.

    Anordnungsbefugnis des Ortsvorstehers
    Dem Ortsvorsteher kommt hinsichtlich jener Angelegenheiten, in denen Aufwendungen und Auszahlungen im Voranschlag einem Ortsverwaltungsteil zugeordnet wurden, eine selbstständige (und weisungsunabhängige) Anordnungsbefugnis hinsichtlich der zugeordneten Ausgaben zu.


    Verfügung über Aufwendnungen und Auszahlungen
    bei Gefahr im Verzug (§ 71 Abs. 4)
    Wenn in Fällen äußerster Dringlichkeit bei Gefahr im Verzug die rechtzeitige Einholung eines Gemeinderatsbeschlusses ohne großen Schaden nicht möglich ist, darf der Bürgermeister nach Anhörung sämtlicher zur Verfügung stehender Mitglieder des Gemeinderats die dringend notwendigen Aufwendnungen und Auszahlungen unter eigener Verantwortlichkeit anordnen, muss jedoch unverzüglich die nachträgliche Genehmigung des Gemeinderats erwirken.

    Im Hinblick auf die Vielfalt der in der zitierten Gesetzesstelle enthaltenen Begriffe erscheint es geboten, die Voraussetzungen für die rechtlich zulässige Anordnung des Bürgermeisters systematisch herauszuschälen:

    • zunächst ist festzustellen, in welcher Zeitspanne die Einholung eines Gemeinderatsbeschlusses möglich ist; die kürzestmögliche Zeit zur Einholung eines Gemeinderatsbeschlusses beträgt fünf Tage, insoweit alle Wochentage „Amtstage“ sind (§ 36 Abs. 3), ansonsten sind es mehrere Wochentage;
    • sodann ist zu beurteilen, ob diese Zeitspanne ausreicht, um die Anordnung durchzusetzen (also „rechtzeitig“ ist);
    • ergeben diese Beurteilungen, dass der Gemeinderatsbeschluss nicht rechtzeitig eingeholt werden kann, also „Gefahr im Verzug“ ist - somit bei einer (weiteren) Verzögerung eine Gefahr eintritt - ist zu prüfen, ob der Eintritt eines „großen Schadens“ zu erwarten ist; hiebei ist unter „Gefahr“ nicht nur der drohende finanzielle „große Schaden“, sondern auch der drohende (sich finanziell auswirkende) rechtliche Schaden zu verstehen;
    • ist der Eintritt eines solchen Schadens zu erwarten, dann liegt ein Fall „äußerster Dringlichkeit“ vor.

    Der Begriff „erwirken“ lässt den Schluss zu, der Bürgermeister müsse unter Darlegung sämtlicher für die getroffene Anordnung massgeblichen Gründe bei den Mitgliedern des Gemeinderates die Überzeugung zu vermitteln versuchen, dass ein Fall „äußerster Dringlichkeit“ vorliegt, zumal für die Verweigerung der Genehmigung keine Folgen statuiert werden. Dergestalt ist in dieser Art der Regelung der Verantwortlichkeit gegenüber dem Gemeinderat, nämlich in der Betonung auf die „eigene Verantwortung“ des Bürgermeisters, eine relativ selbstständige Verantwortlichkeit begründet, die allerdings eine entsprechende politische und rechtliche Verantwortlichkeit des Bürgermeisters nach sich zieht.