1) Die Gemeindeselbstverwaltung findet ihren stärksten Ausdruck in der demokratischen Bestellung der Gemeindeorgane. Die Bundesverfassung und gleichlautend mit ihr Abs. 2 des § 15 der Gemeindeordnung sichert das gleiche, unmittelbare, geheime und persönliche Verhältniswahlrecht aller Gemeindemitglieder. Bei der Kreation der Organe der Gemeinde ist daher keine staatliche Einflußnahme im Sinne eines staatlichen Aufsichtsrechtes gegeben, wohl aber hinsichtlich der Beendigung der Organfunktionen. So kann der Gemeinderat gemäß § 93 in Handhabung des staatlichen Aufsichtsrechtes aufgelöst werden, wenn er andauernd arbeits- oder beschlussunfähig ist oder wenn aus sonstigen Gründen eine geordnete Führung der Geschäfte der Gemeinden nicht mehr gewährleistet ist oder die gesetzlich der Gemeinde obliegenden Aufgaben in angemessener Frist nicht erfüllt werden. Die Auflösung des Gemeindevorstandes sowie die Amtsenthebung des Bürgermeisters in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde durch die Aufsichtsbehörde ist nicht möglich. Die Beendigung dieser Organfunktion ist im Wege des Aufsichtsrechtes nur durch Auflösung des Gemeinderates möglich, wodurch gleichzeitig sämtliche Funktionen der übrigen Organe der Gemeinden erlöschen.

2) Der § 15 legt programmatisch die demokratische Bestellung des Organs "Gemeinderat" und dessen quantitative Zusammensetzung fest; die näheren Bestimmungen werden in der Gemeindewahlordnung 1992 getroffen.

3) Der Gemeinderat ist gemäß der Definition des B-VG (Art. 117 Abs. 1) ein von den Wahlberechtigten der Gemeinde zu wählender "allgemeiner Vertretungskörper"; ihm ist eigen, dass er nicht die Interessen bestimmter - etwa nach Stand, Beruf oder Bekenntnis gleichartigen - Personen zu vertreten, sondern die Interessen aller innerhalb eines bestimmten Gemeindegebietes lebenden Menschen wahrzunehmen hat (VfGH Slg Anh. 3/1956).

4) Einem Gemeinderat dürfen nicht angehören:

a) der Bundespräsident (Art. 61 Abs. 1 B-VG)
b) Mitglieder des Obersten Gerichtshofes (Art. 92 Abs. 2 B-VG)
c) Präsident und Vizepräsident des Rechnungshofes (Art. 122 Abs. 5 B-VG)
d) Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes (Art. 134 Abs. 4 B-VG)
e) Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes (Art. 147 Abs. 4 B-VG)
f) Volksanwalt (Art. 148 g Abs. 5 B-VG).

5) Durch die Wahl erhält das Mitglied des Gemeinderates das Recht auf Ausübung des Gemeinderatsmandates (VfGH Slg 6106) und hat auch die Pflicht zur Ausübung des Mandates; es muss an den Sitzungen des Gemeinderates teilnehmen (§ 39 Abs. 1); falls es den ordnungsgemäß einberufenen Sitzungen des Gemeinderates dreimal aufeinanderfolgend unentschuldigt fernbleibt, wird mit Bescheid der Landesregierung der Mandatsverlust ausgesprochen. Der Anwesenheitspflicht eines Mitgliedes des Gemeinderates kommt bei der konstituierenden Sitzung des Gemeinderates eine besondere Bedeutung zu: erscheint er nicht zur konstituierenden Sitzung oder entfernt er sich vor Beendigung der Wahl des Bürgermeisters (§ 81 GemWO) oder der sonstigen Mitglieder des Gemeindevorstandes, ohne seine Abwesenheit oder seine Entfernung zu rechtfertigen, dann wird der Mandatsverlust durch Bescheid der Landesregierung ausgesprochen (§ 19 Abs. 2 GemO).
Das Recht auf Ausübung des Mandates darf dem Gemeinderatsmitglied nicht geschmälert werden; Maßnahmen, die ihm das Recht auf Ausübung seines Mandates ohne Rechtsgrundlage verwehren - entweder zur Gänze oder auch nur für die Dauer des Vorliegens eines bestimmten Sachverhaltes oder für einzelne Sitzungen des Gemeinderates - können, selbst wenn sie nicht aufgrund eines förmlichen Bescheides erfolgen, beim Verfassungsgerichtshof angefochten werden.
6) Jedes Mitglied des Gemeinderates ist bei der Ausübung seines Amtes frei und an keine Weisungen gebunden ("freies Mandat"), dh. es kann weder an einen Auftrag eines Wählers oder einer Partei rechtlich gebunden werden (§ 40 Abs. 1); es kann daher weder der Austritt noch der Ausschluss aus einer Partei, auf dessen Wahlvorschlag das betreffende Mitglied des Gemeinderates gewählt worden ist, oder die Auflösung oder das Verbot der betreffenden Partei zum Verlust des Mandates führen.