Das selbständige Verordnungsrecht der Gemeinden hat seine bundesverfassungsrechtliche Grundlage im Art. 118 Abs. 6 B-VG. Es wird als „selbständiges“ Verordnungsrecht bezeichnet, weil die Gemeinde solche Verordnungen „nach freier Selbstbestimmung“ erlassen kann, unmittelbar gestützt auf diese Verfassungsbestimmung. Es bedarf also keiner Ermächtigung durch den Gemeinderechtsgesetzgeber oder durch ein Materiengesetz. (Von diesem selbständigen Verordnungsrecht zu unterscheiden ist das Recht jeder Verwaltungsbehörde, Durchführungsverordnungen i.S. des Art. 18 Abs. 2 B-VG zu erlassen.) Zum selbständigen Verordnungsrecht führen die EB zur RV (639 d Blg.Sten. Prot. NR IX.GP) folgendes aus: „Gegenstand dieses Verordnungsrechtes ist der eigene Wirkungsbereich. Innerhalb dieses eigenen Wirkungsbereiches ist es wiederum die Ortspolizei, die das Betätigungsfeld für das sogenannte selbständige Verordnungsrecht der Gemeinde“ abgeben soll. Der Begriff der Ortspolizei wird . . . . . im Art. 15 Absatz 2 B-VG für den Teilbereich der örtlichen Sicherheitspolizei erläutert. Hierunter versteht die genannte Verfassungsbestimmung den Teil der Sicherheitspolizei, der im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet ist, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Damit ist jedoch der Begriff der Ortspolizei nicht erschöpft. Die Ortspolizei umfasst nämlich neben der örtlichen Sicherheitspolizei auch Regelungen verwaltungspolizeilicher Natur. Unter Verwaltungspolizei ist die Setzung und Vollziehung von Vorschriften der besonderen Polizei einzelner Verwaltungsgebiete zu verstehen, die nicht ausschließlich polizeilichen Charakter haben und darüber hinaus sogar vorzugsweise den Zweck der Förderung des Wohles des Einzelnen und des Gemeinschaftslebens verfolgen, mögen sie auch vielfach geeignet sein, sonst allenfalls zu befürchtende Störungen der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit hintanzuhalten. Diese dem Erkenntnis des VfGH Slg. 3201/1957 entnommene Definition der Verwaltungspolizei bezeichnet es als Wesen der Verwaltungspolizei, dass sie nicht bloss prohibitiv, sondern auch konstruktiv ist. Die prohibitive Wirkung kann sich bei diesem Erkenntnis des VfGH zufolge im Gegensatz zur Sicherheitspolizei nur gegen besondere, der konkreten Verwaltungsmaterie zuzuordnende Gefahren wenden. Es kann dies eine Gefahr sein, die primär nur innerhalb dieser Verwaltungsmaterie existent wird; es kann aber auch eine Gefahr sein, die nicht auf die Verwaltungsmaterie beschränkt ist, jedoch durch den Gegenstand der verwaltungspolizeilichen Regelung eine Spezifikation erfährt, die sie zu einer für die Materie allein typischen Art macht. (vgl. hiezu auch das Erkenntnis Slg. 1478, 2192, 2784 . . . . .). Die Gemeinden werden also auf Grund des Art. 118 Abs. 6 B-VG ermächtigt, im Verordnungswege lokale Missstände zu verhindern oder zu beseitigen, soweit eine diesbezügliche Regelung nicht vorhanden ist (sog. "gesetzesergänzende Verordnungen"). Zur Erlassung solcher Verordnungen ist nur der Gemeinderat berechtigt. Die Gemeinde ist auch berechtigt, auf Grund des selbständigen Verordnungsrechtes individuelle Verwaltungsakte (Bescheide, faktische Amtshandlungen) zu setzen (vgl.VfGH Slg 6556/1971). |
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