Der Begriff „gesetzwidrig“ ist hier im materiellen Sinne zu verstehen, d.h. es ist die Gemeindeverordnung daraufhin zu überprüfen, ob sie Gesetze und Verordnungen des Landes oder Bundes verletzt. Art. 119a Abs. 6 B-VG verpflichtet die Aufsichtsbehörde, „gesetzwidrige“ Verordnungen aufzuheben; diese Bestimmung ist aber im Kontext mit der Art der Verwaltungsführung durch die Gemeinde zu sehen: Art. 118 Abs 4 B-VG bestimmt, dass die Gemeinde die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches im Rahmen der Gesetze „und Verordnungen“ des Bundes und des Landes zu besorgen haben. Zugleich sind diese Bestimmungen im Kontext mit dem Rechtsstaatlichkeitsprinzip der gesamten Verwaltung (staatlichen Verwaltung und Selbstverwaltung der Gemeinde) zu betrachten. Auch der eigene Wirkungsbereich der Gemeinde ist dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit (im materiellen Sinne) unterworfen und es ist ausgeschlossen, dass die staatliche Verwaltung (Bundes- und Landesbehörden) an Gesetze und Verordnungen gebunden ist, die Gemeinde aber nicht an die Verordnungen des Bundes oder Landes. Auch die Parlamentarischen Gesetzesmaterialien zu Art. 118 und 119a B-VG verstehen die verba legalia „in Vollziehung der Bundes- und Landesgesetze“ immer im Zusammenhang mit dem Rechtsstaatsprinzip (als der Übereinstimmung aller Verwaltungsakte mit den Gesetzen und Verordnungen und der Bindung der gesamten Vollziehung an inhaltlich bestimmte Gesetze).
Dass Art. 118 Abs. 6 B-VG als Maßstab der Prüfung der ortspolizeilichen Verordnungen ihre Übereinstimmung ausdrücklich mit bestehenden Gesetzen und Verordnungen des Bundes und des Landes vorsieht, ist darin begründet, dass dieser Absatz 6 - der den Gemeinden ein selbständiges Verordnungsrecht einräumt - die „lex specialis gegenüber der lex generalis des Absatzes 4“ des Art. 118 B-VG darstellt und dass im Hinblick auf das vom Grundsatz des Artikels 18 B-VG ausgenommene selbständige Verordnungsrecht der Gemeinden eine explizite Bezugnahme auf die zu prüfenden Verordnungen des Bundes und des Landes vorsieht.