Bürgermeister - Gesetzlicher Vertreter der Gemeinde (§ 25)
Die Gemeinde als juristische Person kann nicht selbst handeln, sie bedarf hiezu bestimmter Organe. Daher wird festgelegt, dass der Bürgermeister die Gemeinde nach außen vertritt. Der Bürgermeister ist somit "gesetzlicher Vertreter" der Gemeinde als juristische Person und hat alle Rechte und Pflichten der Gemeinde nach außen hin wahrzunehmen. Der Bürgermeister vertritt die Gemeinde vor Gericht und vor den Verwaltungsbehörden. Alle gerichtlichen oder behördlichen Schriftstücke sind an den Bürgermeister zu richten (sofern er nicht einen Bevollmächtigten bestellt hat).


Vertretungsmacht vom "Innenverhältnis" abhängig
Die Berechtigung des Bürgermeisters, die Gemeinde nach außen zu vertreten - sie schließt gleichzeitig seine Funktion als Repräsentant der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft ein - ist hinsichtlich ihrer Rechtsverbindlichkeit abhängig vom "Innenverhältnis", d.h. von den über den Aufgabenkreis der einzelnen Organe maßgeblichen Vorschriften.
Wenn also in einer bestimmten Rechtsangelegenheit die Beschlußfassung des Gemeinderates oder etwaige Genehmigungsvorbehalte vorgesehen sind, dann darf der Bürgermeister ohne einen solchen Beschluß (oder eine entsprechende Genehmigung) keine diesbezüglichen Rechtsakte nach außen setzen.
Werden unter Mißachtung der im Innenverhältnis gegebenen Beschränkungen dennoch Rechtshandlungen gesetzt, dann sind sie gegenüber Dritten unwirksam.


Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof
Hinsichtlich der Erhebung einer Beschwerde an den VwGH sieht die Gemeindeordnung keine Beschränkungen der Vertretungsmacht vor. Der Bürgermeister ist daher berechtigt, auch ohne einen Beschluss des Gemeinderates eine Beschwerde an den VwGH zu erheben.


Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof
Anders zu behandeln ist eine Beschwerde an den VfGH; dieser verlangt eine entsprechende Beschlussfassung des Gemeinderates und Einbringung der Beschwerde innerhalb der sechswöchigen Beschwerdefrist. Allerdings hält er die fehlende Übermittlung des Auszuges aus dem Sitzungsprotokoll für verbesserungsfähig.



Vertretungsmacht des Bürgermeisters vom Gemeinderat abhängig
Der Oberste Gerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Meinung, dass sich die Gültigkeit privatrechtlicher Handlungen von Gemeinden nach deren Verfassung und den politischen Gesetzen richtet.
Die in den Gemeindeordnungen enthaltenen Vorschriften über die Vertretung der Gemeinden stellen nicht bloße Organisationsvorschriften über die interne Willensbildung öffentlich-rechtlicher Körperschaften dar, sie enthalten vielmehr Einschränkungen der Vertretungsmacht des Bürgermeisters nach außen.
Eine durch einen erforderlichen Gemeinderatsbeschluss nicht gedeckte Willenserklärung des Bürgermeisters bindet daher mangels der hiefür erforderlichen Vertretungsbefugnisse die Gemeinde einerseits grundsätzlich nicht und ist andererseits gegenüber dem Erklärungsempfänger wirkungslos.


Auch das Verhalten der Mitglieder des Gemeinderates ist maßgeblich
Demgegenüber kann ein Vertrag mit einer Gemeinde auch schlüssig abgeschlossen werden. Auch wenn die Handlung des Bürgermeisters wegen dessen eingeschränkter Vertretungsmacht der Gemeinde nicht zuzurechnen ist, so ist der Vertragspartner jedenfalls in seinem Vertrauen auf den äußeren Tatbestand dann zu schützen, wenn das kompetente Organ (der Gemeinderat) den Anschein erweckt hat, die Handlung sei durch eine Beschlußfassung des zuständigen Organs gedeckt.
Das Verhalten der Mitglieder des Gemeinderats ist nicht nur für die Annahme einer Anscheinsvollmacht maßgeblich, sondern auch für eine allfällige nachträgliche Genehmigung des vom Bürgermeister abgeschlossenen, schwebend unwirksamen Rechtsgeschäfts.


Strafrechtliche Verantwortlichkeit
Einen besonderen Fall der Verantwortlichkeit des Bürgermeisters begründet das Verwaltungsstrafrecht. Danach ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen strafrechtlich verantwortlich, wer „zur Vertretung nach außen berufen“ ist; handelt also eine Gemeinde im privatwirtschaftlichen Sinne, dann ist das nach außen vertretungsbefugte Organ der Gemeinde, also der Bürgermeister, verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Hiebei genügt zur Strafbatrkeit - wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt - fahrlässiges Verhalten. Hier kann dem Bürgermeister nur dann ein schuldhaftes Verhalten zur Last gelagt werden, wenn er kein wirksames begleitendes Kontrollsystem eingerichtet hat, durch welches die Einhaltung der einschlägigen Verwaltungsvorschriften jederzeit hätte sichergestellt werden können.*
Allerdings besteht die Möglichkeit, dass die zur Vertretung nach außen Berufenen aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als veranwortliche Beauftragte bestellen können, denen die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt.


* VwGH Zl. 2009/04/0152-7 vom 22. Juni 2011