Als Mittel, die dem Bürgermeister für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung zustehen, sieht die Gemeindeordnung lediglich das Recht vor, die Sitzung für bestimmte Zeit zu unterbrechen. Der Bürgermeister kann Zuhörer, die die Beratungen des Gemeinderates stören, nach vorangegangener fruchtloser Ermahnung entfernen lassen.

Die Störung einer Sitzung des Gemeinderates kann als ein Verhalten gewertet werden, das im Sinne des § 81 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes mit Verwaltungsstrafe bedroht ist ("Wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört . . . . . . begeht eine Verwaltungsübertretung . . . . ").

Nähere Bestimmungen über die dem Bürgermeister zustehende Sitzungspolizei (s. auch § 44 Abs. 2) hat die vom Gemeinderat zu beschließende Geschäftsordnung zu enthalten. Die darin enthaltenen Regelungen haben insofern eine große Bedeutung, als ein Verstoß gegen die Geschäftsordnung des Gemeinderates das gesetzmäßige Zustandekommen des Gemeinderatsbeschlusses in Frage stellen kann.

Die im Rahmen der Verhandlungsführung getroffenen Maßnahmen des Vorsitzenden, die ein Mitglied des Gemeinderates betreffen (wie Worterteilung, Ruf zur Sache) sind keine Bescheide im Sinne des Artikels 144 B-VG; es handelt sich hiebei um Vorgänge interner Natur, die dem Bereich der Willensbildung angehören; durch sie werden keine subjektiven Rechte gestaltet oder festgestellt (VfGH Slg 6110). Die Grenzen des internen Bereiches der Willensbildung des Gemeinderates sind aber bereits dort überschritten, wo die Möglichkeit, ein Gemeinderatsmandat auszuüben, nicht mehr gegeben ist (wie z.B. bei ständiger Entziehung des Wortes oder bei der ohne begründeten Anlassfall erfolgenden Aufforderung, den Sitzungssaal zu verlassen). (S. auch >>>>>) Hingegen ist eine mit Zwangsfolgen angedrohte Verfügung des Vorsitzenden, den Sitzungssaal zu verlassen, als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren, die gemäß Artikel 129 a B-VG beim Unabhängigen Verwaltungssenat angefochten werden kann. Eine Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen nach erfolgter Ausübung der Befehls- und Zwangsgewalt einzubringen.

Aus der Wendung „Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung“, wie überhaupt aus dem gesamten Wortlaut des Abs. 2 lässt sich nicht das Recht des Vorsitzenden ableiten, einem Mitglied des Gemeinderates das Wort zu entziehen. Ein solches Recht ist beispielsweise in der Geschäftsordnung des Landtages (GeOLT) dem Präsidenten eingeräumt (§ 80 Abs. 3), indem dieser - bei Abweichungen vom Gegenstand der Tagesordnung - nach dem dritten Ruf „zur Sache“ dem Abgeordneten das Wort entziehen kann. Nach § 80 Abs. 5 der GeOLT ist auch ein Wortentzug (bei Verletzung des Anstandes oder der Sitte oder bei beleidigenden Äußerungen) möglich. Die GeOLT ist als Verfassungsgesetz beschlossen worden.
Hingegen finden sich in der GemO (ebenfalls ein Verfassungsgesetz) keine diesbezüglichen Bestimmungen für den Vorsitzenden des Gemeinderates. Es ist daher verfassungsrechtlich bedenklich, wenn in der Geschäftsordnung des Gemeinderates (§ 46) solche Bestimmungen festgelegt werden. § 46 Abs. 2 ermächtigt den Gemeinderat, nur „nähere Bestimmungen“ über bestimmte geschäftsordnungsmäßige Bestimmungen und sitzungspolizeiliche Maßnahmen zu beschliessen. Der Entzug des Wortes ist aber einer „näheren Bestimmung“ nicht zugänglich, da dieser an keiner einzigen Stelle der Gemeindeordnung auch nur annähernd erwähnt wird oder von irgend einer Regelung mitumfasst wird. Es ist daher ausgeschlossen, dass der Gemeinderat im Verordnungswege (Geschäftsordnung) eine Regelung beschliessen könnte, die ansonsten nur in einem Verfassungsgesetz (GeoLT oder auch GO des Nationalrates) geregelt werden darf.