Das Aufsichtsrecht des Landes
Die Gemeindeverwaltung als Teil der gesamtstaatlichen Verwaltung ist sowohl in den Angelegenheiten der Hoheitsverwaltung als auch in jener der Privatwirtschaftsverwaltung der staatlichen Aufsicht unterstellt. Die staatliche Aufsicht ist das Korrelat der Selbstverwaltung. Das Ziel der staatlichen Aufsicht ist es, dass die Gemeinden bei Besorgung des eigenen Wirkungsbereiches die Gesetze und Verordnungen des Bundes oder Landes aus dem Bereich der Landesvollziehung nicht verletzen und die ihr gesetzlich obliegenden Aufgaben erfüllen.
Das Gleiche gilt auch bezüglich der Gemeindeverbände.

Gegenstand der Aufsicht ist also die Prüfung der Übereinstimmung der Maßnahmen der Gemeinde mit den Gesetzen und Verordnungen aus dem Vollziehungsbereich des Landes. Darunter sind auch jene Gesetze zu verstehen, die zwar vom Bund erlassen, aber von den Ländern zu vollziehen sind (z.B. die Straßenverkehrsordnung 1960).

?Demgegenüber dienen das Recht auf Parteistellung, das Recht auf Be­schwer­de beim Landesverwaltungsgericht und das Recht, Revision beim Verwaltungsgerichtshof und Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu erheben (Art. 119a Abs. 9 B-VG) , sowie das Recht auf Antragstellung an den Ver­­fassungs­gerichtshof, die Gesetzmäßigkeit von Verordnungen der Aufsichtsbehörde, wodurch eine Verordnung der Gemeinde aufgehoben worden ist, zu prüfen, dem Schutz der Selbstverwaltung.

In den Angelegenheiten des vom Bund übertragenen eigenen Wirkungsbereiches wird das Aufsichtsrecht vom Landeshauptmann ausgeübt.

Handhabung des Aufsichtsrechtes
Das Aufsichtsrecht ist unter möglichster Bedachtnahme auf die Eigenverantwortlichkeit der Gemeinde und unter möglichster Schonung erworbener Rechte Dritter auszuüben .

Als Aufsichtsmittel sind vorgesehen:

Im Hinblick darauf, dass diese Aufsichtsmittel die Aufsichtsbehörde verpflichten, entsprechend dem Legalitätsgebot vorzugehen, gerät die Anordnung des Gemeinderechtsgesetzgebers, das Aufsichtsrecht „unter möglichster Bedachtnahme auf die Eigenverantwortlichkeit der Gemeinde“ auszuüben, in ein Spannungsfeld zwischen dem öffentliches Interesse der Aufsicht des Staates und der Eigenverantwortlichkeit der Gemeinde, da das Aufsichtsziel eindeutig festgelegt ist. Anders ist dies hinsichtlich jener Aufsichtsmittel, deren Anwendung - bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen - in das Ermessen der Aufsichtsbehörde gestellt ist.

Dieselben Erwägungen gelten übrigens auch hinsichtlich der Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Beschlüssen (hier hat die Aufsichtsbehörde Beschlüsse, die Gesetze und Verordnungen verletzten, aufzuheben) und der Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden (hier können Bescheide unter bestimmten Bedingungen aufgehoben werden).

Die Anordnung, das Aufsichtsrecht „unter möglichster Schonung erworbener Rechte Dritter zu handhaben“ , richtet sich an die Aufsichtsorgane. Das Wort „Dritter“ bezieht sich auf Personen, die nicht im Beziehungsverhältnis „Aufsichtsrecht - Autonomie der Gemeinde“ stehen.

Diese Anordnung kann sich allerdings nur auf jene Aufsichtsmittel beziehen, die eine solche Berücksichtigung Rechte Dritter überhaupt zulassen (dies ist der Fall bei den Genehmigungsvorbehalten, bei der Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden und bei der Ersatzvornahme). Nur hinsichtlich dieser Aufsichtsmittel ist eine Auswahl in der Weise möglich, „das jeweils gelindeste noch zum Ziel führende Mittel anzuwenden“; allerdings ist diese Auswahlmöglichkeit durch das jeweilige Prüfungsziel doch sehr eingeschränkt. Bei den übrigen Aufsichtsmitteln (Verordnungsprüfung und Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Beschlüssen) verbietet der Legalitätsgrundsatz diese Rücksichtnahme.


Kein Rechtsanspruch auf Ausübung des Aufsichtsrechtes
Der mangelnde Anspruch auf Ausübung des Aufsichtsrechtes äußert sich darin, dass die Aufsichtsbehörde nicht gehalten ist, einem Begehren, es möge die Aufsichtsbehörde eines ihrer Aufsichtsmittel einsetzen („Aufsichtsbeschwerde“), stattzugeben. Die Mitteilung der Aufsichtsbehörde, sie finde keinen Grund zum Einschreiten, ist daher kein Bescheid und nicht anfechtbar, da durch ihn keine Rechte gestaltet, geändert oder festgestellt werden, auch wenn die Gründe genannt werden, die dazu geführt haben, dass die Anregung der Partei zur Ausübung der Aufsichtsrechte nicht aufgegriffen wurde.